In Krisen besser kommunizieren

Im Kampf gegen Epidemien muss die Bev?lkerung besser eingebunden und respektiert werden, sagt Ursula Jasper. Dies ist eine der Lehren aus der Ebolafieber-Epidemie in Westafrika 2014.

Ursula Jasper

Gesundheitspersonal in Bioschutzanz¨¹gen, schwer kranke Menschen in notd¨¹rftig improvisierten Krankenstationen, bewaffnete Soldaten, die Ausgangssperren durchsetzen sollen ¨C vielen von uns d¨¹rften die dramatischen, wirkm?chtigen Fernsehbilder des Ebolafieber-Ausbruchs in Westafrika 2014 noch in Erinnerung sein.

Allein in den drei am schwersten betroffenen Staaten Sierra Leone, Liberia und Guinea erkrankten damals 30'000 Menschen, 11'000 fielen der Epidemie zum Opfer. Der Ausbruch, der von der Weltgesundheitsorganisation lange untersch?tzt wurde, traf drei der weltweit ?rmsten L?nder. Deren Gesundheitssysteme und Infrastruktur waren durch jahrelange B¨¹rgerkriege dezimiert, und die L?nder verf¨¹gten ¨¹ber viel zu wenig Gesundheitspersonal und Ressourcen, um ¨C selbst in Nicht-Krisenzeiten ¨C eine fl?chendeckende Grundversorgung aufrechtzuerhalten. ?hnlich ist die aktuelle Situation im Osten der Demokratischen Republik Kongo, wo die anhaltenden gewaltsamen Auseinandersetzungen den Kampf gegen Ebola massiv erschweren.

Person nutzt Mobiltelefon
Mobilger?te und das Internet sind wichtige Kommunikationskan?le im Fall von Gesundheitskrisen, gerade in Afrika (Symbolbild). (Bild: Carsten ten Brink / Flickr / CC BY-NC-ND 2.0)

Klar ist, dass die lokale Gesundheitsversorgung grundlegend verbessert und die internationale Zusammenarbeit vertieft werden m¨¹ssen, um einer zuk¨¹nftigen Epidemie mit einem hochansteckenden Erreger nicht machtlos gegen¨¹berzustehen. Weil ¨¹bertragbare Krankheiten nicht an Landesgrenzen haltmachen, m¨¹ssen ausserdem die regionalen Akteure effizienter kooperieren. In Westafrika wurden Schritte in die richtige Richtung bereits unternommen. Beispielsweise wurde nach der Ebola-Krise 2014 die Westafrikanische Gesundheitsorganisation gest?rkt und in Abuja, Nigeria, ein ?Regional Center for Disease Control? geschaffen. Dies ist wichtig, weil es die fr¨¹hzeitige Erkennung von Krankheitsausbr¨¹chen erleichtert und die regionale Zusammenarbeit st?rkt.

Lebensgewohnheiten ber¨¹cksichtigen

Neben solchen langfristigen institutionellen Massnahmen gibt es jedoch noch ein weiteres, oftmals untersch?tztes Handlungsfeld, das f¨¹r die Menschen unmittelbar greifbar ist und einen grossen Einfluss auf die Verbreitung einer Krankheit hat: die Risiko- und Krisenkommunikation. Wie die Erfahrungen aus fr¨¹heren Gesundheitskrisen zeigen, ist es f¨¹r uns alle oft schwierig, Risiken und Gefahren richtig einzusch?tzen und Verhaltensweisen zu ?ndern, um das pers?nliche Ansteckungs- und ?bertragungsrisiko zu reduzieren.

So ist es zum Beispiel w?hrend des Ebolafieber-Ausbruchs 2014 sehr schlecht gelungen, Massnahmen wie etwa das ?Contact Tracing? zu erkl?ren und dabei die Sorgen, ?ngste, Lebensgewohnheiten und Traditionen der Bev?lkerung zu verstehen und zu ber¨¹cksichtigen. Das Contact Tracing ist eine wichtige epidemiologische Massnahme zur Eind?mmung von Krankheitsausbr¨¹chen. Es geht darum, Personen zu identifizieren, die Kontakt zu Erkrankten hatten, diese Personen ¨¹ber eine m?gliche Ansteckung zu informieren und im Falle einer Ansteckung medizinisch zu versorgen.

Auch ist eine aktive, vorausschauende Risiko- und Krisenkommunikation wichtig, weil sich in Krisensituationen Ger¨¹chte und Fehlinformationen besonders schnell ausbreiten. Dennoch verf¨¹gen die Gesundheitsbeh?rden vieler L?nder bislang nicht ¨¹ber die notwendigen Strategien und Mittel zur Gesundheits- und Risikokommunikation, mit der auf verschiedensten Kan?len falsche Informationen schnell aufgegriffen und m?glichst korrigiert werden k?nnen.

?Die Eind?mmung einer schweren ¨¹bertragbaren Krankheit kann nur gelingen, wenn die Gesundheitsbeh?rden soziale und kulturelle Strukturen respektieren.?Ursula Jasper

Digitaltechnologien nutzen

Im vergangenen Sommer hielt ich mich f¨¹r einen zweimonatigen Forschungsaufenthalt in Nigeria auf. Ich habe dort ein Projekt kennengelernt, das die Deutsche Gesellschaft f¨¹r Internationale Zusammenarbeit (GIZ) zusammen mit der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas durchf¨¹hrt und das unter anderem die Risiko- und Krisenkommunikation in der Region st?rken soll.

Interessant ist daran, dass es nicht nur um den Aufbau staatlicher und regionaler Strukturen geht, sondern gezielt auch die lokale Bev?lkerung mit eingebunden wird. So werden beispielsweise im Rahmen des Projekts sogenannte ?Hackathons? veranstaltet: Programmierwettbewerbe, bei denen Teams aus IT-Entwicklern, Gesundheits- und Kommunikationsexperten gegeneinander antreten, um Apps und Webseiten zu entwickeln, die ¨¹ber Gesundheitsgefahren und Pr?ventionsmassnahmen aufkl?ren und im Krisenfall die Bev?lkerung informieren und mobilisieren k?nnen.

Das Projekt macht sich die Tatsache zunutze, dass die Zahl der Handy- und Internetnutzer in der Region in den vergangenen Jahren rasant gestiegen ist. Gleichzeitig erm?glicht ein solcher partizipativer Bottom-up-Ansatz, die Bed¨¹rfnisse und Fragen, aber auch die vorhandenen Kompetenzen der Bev?lkerung besser zu verstehen und die Inhalte sowie das Design der Kommunikationsmittel daran auszurichten.

Denn auch das ist eine Lehre der Ebolakrise, die nicht nur f¨¹r Westafrika gilt: die Eind?mmung einer schweren ¨¹bertragbaren Krankheit ist mehr als nur eine medizinische und logistische Herausforderung. Sie kann nur gelingen, wenn die Bev?lkerung den Gesundheitsbeh?rden und Organisationen vor Ort vertraut und wenn diese soziale und kulturelle Strukturen respektieren.

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